Reportagen

Heli-Line und Helitrade: Eine Erfolgsgeschichte aus dem niederösterreichischen Voralpenland

Unternehmer Wolfgang Pitterle

Mitten im idyllischen Voralpenland, etwa eine Autostunde westlich von Wien, liegt der Firmensitz von Heli-Line und Helitrade. Diese beiden Unternehmen, geführt von Gründer und Geschäftsführer Wolfgang Pitterle, sind Spezialisten im Bereich Helikopterdienstleistungen und -handel. Die Betriebe sind in Kilb (Bezirk Melk) ansässig, einem beschaulichen Ort, den man nicht direkt bzw. sofort mit Hightech und Helikoptern in Verbindung bringen würde. Eine Reportage von Dieter J. F. Haselsteiner.

Vom passionierten Piloten zum Unternehmer
Wolfgang Pitterle, selbst Helikopterpilot, gründete Helitrade im Jahr 1991 und drei Jahre später Heli-Line. Der Gründer war davor schon passionierter Helikopterpilot und hat direkt neben seinem Elternhaus den Firmenstandort errichtet. Beide Unternehmen haben sich auf die US-amerikanische Helikoptermarke Robinson Helicopter Company spezialisiert, deren Fabrik in Torrance (Kalifornien) liegt. Ein entscheidender Meilenstein war der Roll-Out des Modells R44 im Jahr 1993, das bei den Anschaffungs- und Betriebskosten deutlich günstiger war als andere Modelle in dieser Klasse. Insgesamt liegt der Fokus auf drei verschiedenen Modellen: R22, R44 und R66. Der größte (R66) kann nebst dem Piloten bis zu 4 Passagiere befördern. Heli-Lines Flotte ist einem stetigen Wandel unterworfen und weist fast ausnahmslos die neuesten Fabrikate auf. Zusätzlich umfasst die Flotte von Heli-Line noch einen Eurocopter AS 350 BA ÉCUREUIL.

Der firmeneigene Heliport mit der Kennung LOAY.

Der Heliport in Kilb, dessen Zulassungsverfahren von 1994 bis 2001 dauerte, trägt den ICAO-Code LOAY. Weitere Standorte der Unternehmen befinden sich an den Flughäfen Linz und Graz. Der Firmenstandort in Kilb wurde 2011 um einen Hangar erweitert welcher aktuell Platz für zehn Helikopter bietet. Während der COVID-19-Pandemie wurden zusätzliche Büro- und Schulungsräume gebaut.

Ein AS350 Ecureuil.

Ein breites Angebot: Bedarfsfliegerei, Flugschule, Handel und Wartung
Heli-Line bietet ein vielfältiges Angebot an Dienstleistungen. Dazu zählen Taxiflüge, Rundflüge über malerische Landschaften wie die Wachau und zum Ötscher sowie Spezialtransporte. Obwohl Bedarfsflüge wirtschaftlich herausfordernd sind, bleiben die Kundenzufriedenheit und Sicherheit die obersten Gebote.

Besonders stolz ist das Unternehmen auf seine Flugschule, die älteste Helikopterflugschule Österreichs. Jährlich absolvieren etwa 20 Piloten die Ausbildung zum Berufspiloten, die etwa ein Jahr dauert (keine aviatischen Vorkenntnisse sind dabei notwendig). Insgesamt werden in Österreich pro Jahr rund 60 Berufspiloten für Helikopter von mehreren Flugschulen ausgebildet.

Zwei Robinson R22.

Im Handel mit Helikoptern agiert Helitrade als einer der größten Vertriebspartner der Robinson Helicopter Company in Europa. Die wirtschaftliche Attraktivität des Handelsgeschäfts ist deutlich höher als die der Fliegerei. Die Lieferzeit für neue Helikopter beträgt derzeit etwa 18 Monate, wobei der Kaufpreis komplett vorab zu bezahlen ist. Die Lieferung eines Helikopters erfolgt in 2 „größeren Kisten“ als vormontierte Großteile: eine Kiste mit Heck, Rotorblättern und Kufengestell, eine Kiste mit dem Chassis. Die Lieferung erfolgt in der Regel per Luftfracht von den USA nach Österreich. Die Überstellung an Endkunden innerhalb Europas wird mit Hilfe von Überstellungsflügen gewährleistet. Helitrade ist der einzige Händler in Europa, der für seine Kunden stets neue Helikopter auf Lager hat.

Des Weiteren erfolgt die Wartung und Reparatur sowohl der eigenen Flotte als auch externer Hubschrauber der Marke Robinson durch hausinterne Hubschraubermechaniker.

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Die COVID-19-Pandemie führte zu einem kompletten Erliegen der Bedarfsfliegerei bei Helikoptern, und die Nachfrage nach Helikopterservices hat sich seitdem nur langsam erholt.

Eine der größten aktuellen Herausforderungen sind die Landegenehmigungen in Österreich. Jede Landung muss genehmigt werden, was oft bis zu sechs Monate dauern kann. Hier wünscht sich das Unternehmen eine zentrale Zuständigkeit im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Aktuell werden Landegenehmigungen dezentral über die jeweiligen Landesregierungen vergeben. Jeder Antrag wird derzeit von Sachverständigen behandelt die unter Kapazitätsengpässen leiden. Die (zukünftigen) Piloten der Rettungshubschrauber werden u.a. von Heli-Line ausgebildet und müssen jahrelange Flugerfahrung aufweisen, um sich für den Beruf als Pilot eines Rettungshubschraubers zu qualifizieren. Wenn diese Berufsanwärter dann keine spezifische Erfahrung aufweisen können (Landungen in unterschiedlichsten Terrains) reicht dies nicht als Qualifikation für Rettungshubschrauber aus. In Italien, der Schweiz, in Frankreich, Tschechien, Slowakei, Ungarn und beispielsweise in England benötigt man keine Landegenehmigungen. Wolfgang Pitterle sieht in diesem Bereich daher dringend Verbesserungsbedarf, um einen Engpass an zukünftigen Berufspiloten zu verhindern.

Robinson-Hubschrauber soweit das Auge reicht ...

Alternative Antriebstechnologien sind bei Hubschraubern noch nicht weit verbreitet. Obwohl Elektroantriebe existieren, sind die Akkus bisher zu schwer und die Einsatzmöglichkeiten dadurch begrenzt. Das Unternehmen Lycoming ist der weltgrößte Hersteller (Marktanteil von ca. 90%) von Antriebstechniken in der Verbrennungsklasse der Robinson-Hubschrauber. Die Dauerbelastung (ausgedrückt in Beständigkeit und Verlässlichkeit) der Motoren ist die größte Herausforderung die den Markt für ev. neue Anbieter deutlich einschränkt. Hubschrauber verfügen in der Regel über Benzinmotoren und werden mit AVGAS (Aviation Gasoline) betrieben. Gewünscht wären mehr Dieselmotoren, doch die damit zusammenhängenden Vibrationen (welche sich auf die Hubschrauberkarosserie übertragen) sind die großen Herausforderungen. Im Bereich Lärmminderung gab es in den letzten Jahren wenig Fortschritte, obwohl Turbinen angenehmer klingen als Verbrennungsmotoren.

Ein Blick in die Zukunft
Heli-Line und Helitrade haben sich in den letzten drei Jahrzehnten als feste Größen in der Helikopterbranche etabliert. Mit einem klaren Fokus auf Kundenzufriedenheit und Sicherheit blickt das Unternehmen optimistisch in die Zukunft und bleibt ein Pionier in der Welt der Helikopterdienstleistungen und -technologie in seinem spezifischen Segment. Autonomes Fliegen und Quadrocopter gewinnen immer mehr an Bedeutung, und die unbemannte Luftfahrt rückt in greifbare Nähe. Das Modell Robinson R44 gibt es schon ferngesteuert, dennoch befindet sich hier noch alles im Entwicklungsstadion. Für die nächsten zehn Jahre plant Wolfgang Pitterle die Erweiterung des Hangars in Kilb um eine dritte Halle. Mittelfristig soll sein Sohn das Unternehmen übernehmen.

Mehr Infos zu den beiden Unternehmen sind auf www.heliline.at sowie auf www.helitrade.at zu finden.

Text & Fotos: Dieter J. F. Haselsteiner

Über den Autor: Dieter J. F. Haselsteiner (44) ist Betriebswirt, mehrfacher Buchautor, Journalist und seit vielen Jahren Luftfahrtenthusiast. Zu seinen Büchern gehören u.a. All you need to know about European Airports (2023), Europas Flughäfen im Blickpunkt (2023) und Remote, small but essential (2021).