Das Flugsportzentrum Spitzerberg liegt nahe der slowakischen Grenze, im "Dreiländereck" Niederösterreich/Burgenland/Slowakei. Seit rund 100 Jahren wird hier Flugsport betrieben. Den Anfang machte der lautlose und umweltfreundliche Segelflug, der noch heute eine bedeutende Rolle spielt. Nach dem Abzug der alliierten Besatzungstruppen 1955 wurde das Areal zunächst als Bundessportschule betrieben, ehe der Österreichische Aeroclub den Flugplatz übernahm. Doch letzten Endes war der Fortbestand des Flugsportzentrums über viele Jahre primär dem außergewöhnlichen Engagement der Spitzerberger Flieger zu verdanken, finanziell sah es nämlich alles andere als rosig aus. Die Rettung und damit die de facto Garantie für den Fortbestand des Flugplatzes kam erst 2016, als Red Bull das Flugsportzentrum übernahm und viel Geld in die Modernisierung der Infrastruktur investierte. Doch ohne die Menschen, die den einzigartigen Charakter des "Spitz" ausmachen, ginge es nicht, Geld hin, Geld her. Es sind die Fliegerinnen und Flieger sowie viele weitere ehrenamtlich helfende Hände, die es erst möglich machen, dass so gut wie jedes Jahr ein Flugplatzfest über die Bühne geht, das nicht nur eine Airshow bietet, sondern viel mehr: Diese Veranstaltungen sind Flugschau, Volksfest und Öffentlichkeitsarbeit für die Luftfahrt gleichermaßen. Dazu trägt auch bei, dass die Feste traditionell bei freiem Eintritt stattfinden, wobei sich die Damen und Herren Flieger natürlich über eine kleine Spende als Zeichen der Anerkennung freuen.
Am vergangenen Wochenende war es wieder soweit. Auch die herbstlichen Temperaturen konnten den Besucherstrom, der im Übrigen perfekt auf einen eigenen großen Parkplatz geleitet wurde, nicht bremsen. Die Interessierten kamen dabei nicht nur aus dem näheren Umfeld, sondern auch aus Wien, der Slowakei, Ungarn und Tschechien waren die Luftfahrtfans angereist. Getreu dem Motto der Piloten: "Fliegen verbindet. Menschen, Länder, Kontinente". Die Spitzerberger Flieger hatten ihren Gästen aber auch wirklich etwas zu bieten, und das ist mittlerweile durchaus bekannt.
Es gab Spiel und Spaß für die Kinder, Hangarführungen, einen Segelflugsimulator, Probesitzen in Flugzeugen sowie eine Oldtimerschau von ein- und mehrspurigen Fahrzeugen. Wer wollte, konnte sich über die verschiedenen Möglichkeiten der Pilotenausbildung informieren. So waren beispielsweise einige Mitglieder und Freunde des Puch Maxi Klubs aus Schützen am Gebirge mit ihren historischen Mopeds der Marken Puch, Simson und Co extra aus dem Burgenland zum Spitzerberg angereist.
Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 40 Stundenkilometern hatten die wackeren Kradisten auf ihrer mehr als einstündigen Anfahrt nicht nur Wind und Wetter, sondern auch so manchem aggressiven Autofahrer getrotzt. Der Lohn: Begeisterte Gesichter bei den Besuchern, welche die historischen Mopeds in Augenschein nahmen. So mancher ältere Besucher fühlte sich an seine Jugendzeit zurückerinnert. Moderne Spezialfahrzeuge wie beispielsweise ein Humvee der US-Armee (in Privatbesitz) konnten ebenfalls besichtigt werden.
Wer wollte, konnte sogar selbst in die Luft gehen. Dafür standen unter anderem ein Bell 206 Jet Ranger von Aerial sowie zahlreiche Flächenflugzeuge (Cessna 210, Diamond Katana, Robin DR400, Scheibe SF-25 Motorfalke ...) der Spitzerberger Flieger zur Verfügung. Ein besonderes Highlight der Rundflüge war die legendäre "Tante Anna", die Antonov An-2, SP-FAH, der Classic Wings. Eine "Puch Maxi der Lüfte", wenn man so will, und so war es nicht überraschend, dass der Präsident des Puch Maxi Klubs mit einigen Bikerkameraden im stilechten Club-Outfit mit Puch-Logo einen Rundflug in dieser Maschine unternahm. Der ÖAMTC (aus Wiener Neustadt) und die Flugpolizei (von der FEST Flughafen Schwechat) hatten je einen Helikopter des Typs H135 zum Spitzerberg (LOAS) entsandt. Vor allem Kinder freuten sich über die Möglichkeit, im Cockpit Platz nehmen zu können, während die Väter und Mütter mit den Crews plauderten, die geduldig alle Fragen beantworteten.
Für Speis und Trank sorgte primär das Team des Flugplatzrestaurant Icarus, das österreichische und slowakische Küche in bester Tradition auf hohem Niveau und mit großen Portionen vereint. Das Lokal erfreut sich deshalb auch bei den Menschen der umliegenden Gemeinden, in denen es häufig kein Dorfwirtshaus mehr gibt, großer Beliebtheit und gilt weiters unter Motorradfahrern als Geheimtipp, um sich nach einer Tour durch das Leithagebirge kulinarisch zu stärken.
Der eigentliche Höhepunkt des Flugplatzfestes war aber natürlich die Flugschau. Den Auftakt machten (zumindest am Sonntag, wo ich vor Ort war) die Modellflieger, deren Können beeindruckend war und die oftmals völlig zu Unrecht weniger Beachtung als die Piloten "richtiger" Flugzeuge erhalten. Zuvor war noch eine Formation aus vier Motorseglern und einer Piper Super Cub gestartet, quasi das offizielle Startsignal.
Den Auftakt zur Airshow machte dann eine Formation aus drei historischen Flugzeugen: 2 Bücker Jungmann und eine Boeing Stearman. Danach donnerte von Westen die F4U Corsair der Flying Bulls mit Chefpilot Raimund Riedmann am Steuer heran und zeichnete atemberaubende Figuren in den Himmel. Dieser amerikanische Typ kam hauptsächlich auf dem asiatisch-pazifischen Kriegsschauplatz zum Einsatz und war auch der Star in der in den 1970er Jahren produzierten TV-Serie "Pazifikgeschwader 214" mit Robert Conrad in der Hauptrolle.
Während Riedmann sein Programm vorführte, rollte ein zunächst unscheinbares Team aus Tschechien von der Flightline zur Piste 33. Dazu muss man vorausschicken, dass es in Tschechien eine große Szene gibt, die sich für historische Militärthemen interessiert (Reenactment ist dort sehr verbreitet), auch im Luftfahrtbereich. Da die Beschaffung und der Unterhalt originaler historischer Flugzeuge aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges jedoch mittlerweile ein kostspieliges und schwieriges Unterfangen geworden ist, gibt es immer mehr Nachbauten von historischen Militärflugzeugen, die als "Experimental" oder UL zugelassen sind.
Am Spitzerberg traten bei der diesjährigen Airshow die tschechischen Piloten Pavel Kouřil, Milan Bábovka und Alois Janata als Team auf. Kouřil flog den UL-Nachbau (82 Prozent Größe des Originals) einer Messerschmitt Me-109 G2 der deutschen Luftwaffe des Zweiten Weltkrieges. Die Me-109 gilt unter Luftfahrtfans als ausgesprochen formschönes Flugzeug, als Meisterwerk der Ingenieurskunst, kurzum - als Legende. Sie ist außerdem mit über 30.000 Exemplaren das meistgebaute Jagdflugzeug der Welt und wurde unter anderem in Wiener Neustadt produziert. Die besten Piloten und Fliegerasse ihrer Zeit flogen sie, wie etwa der spätere Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, Johannes Steinhoff oder der erfolgreichste Jagdflieger der Weltgeschichte, Erich "Bubi" Hartmann (352 bestätigte Luftsiege). Doch heute sind weltweit nur noch eine Handvoll originaler Exemplare dieses ikonischen Flugzeugs erhalten, flugfähige Exemplare noch seltener. Was kaum jemand weiß: Die Me-109 wurde auch in der Tschechoslowakei in Lizenz gefertigt und kam nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe der CSSR zum Einsatz. Darüber hinaus, das ist noch weniger bekannt, waren es die tschechoslowakischen Me-109-Nachbauten, die 1948 zu den ersten Flugzeugen der Luftwaffe des neu gegründeten Staates Israel gehörten und dessen Existenz im Verteidigungskampf gegen die arabischen Staaten, die Israel überfielen, sicherten. Details dazu können in meinem Buch "Wie König Davids Söhne den Himmel eroberten - von Sternstunden und Tragödien der israelischen Luftfahrt" nachgelesen werden. Eine restaurierte Avia 199 (so die Typenbezeichnung der in der CSSR produzierten Versionen der Me-109) befindet sich heute im Luftwaffenmuseum in Israel. Am 3. Juni 1948 gelang übrigens dem israelischen Piloten Modi Alon in einer Avia 199 der Abschuss von zwei ägyptischen C-47 Transportern. Alon starb tragischerweise nur wenige Monate später bei einem Flugunfall mit einer Avia 199 als er mit seinem Kameraden Ezer Weizmann (der spätere Präsident Israels) von einem Kampfeinsatz zurückkehrte. Doch zurück zum diesjährigen Flugplatzfest am Spitzerberg.
"Meine Replika der Me-109 wird von einem modernen Rotax 915 Motor angetrieben", erzählte Kouřil im Gespräch mit dem Autor. Milan Bábovka war mit dem Nachbau einer Yak-3 zum Spitzerberg gekommen. Die Yak-3 war der Hauptgegner der Me-109 an der Ostfront während des Zweiten Weltkrieges. Auch Bábovkas Yak-3 wird von einem Rotax 915 angetrieben und hat 82 Prozent der Größe des Originals. Er fliegt übrigens auch den UL-Nachbau einer Mitsubishi A6M Zero, die zwar nicht am Spitzerberg, dafür aber 2023 am Flugplatzfest in Stockerau zu bestaunen war. Der dritte im Bunde der tschechischen Piloten, Alois Janata, flog den UL-Nachbau der legendären P-51 Mustang. Dieser Langstreckenjäger war vom deutsch-amerikanischen Konstrukteur Edgar Schmued entworfen worden und hatte entscheidenden Anteil an der Befreiung Europas vom Nazi-Terror. Übrigens flog auch der legendäre Chuck Yeager, der 1947 als erster Mensch die Schallmauer durchbrach, während des Zweiten Weltkrieges eine P-51 Mustang. Anders als die Replikas der Me-109 und der Yak-3, wird die UL-Mustang jedoch von einem Suzuki-Motor angetrieben.
Nach dem Start formierten sich die drei Maschinen und vollführten mehrere tiefe Überflüge mit entsprechendem Sicherheitsabstand parallel zum Publikum (Flüge über das Publikum sind aus Sicherheitsgründen seit der Flugtagkatastrophe von Ramstein 1988 generell strengstens verboten und für die Spitzerberger Flieger ist Sicherheit das oberste Gebot) und simulierten dabei auf spektakuläre Weise auch einen Dogfight, also einen Luftkampf. Zum Erstaunen des Publikums kamen dabei auch pyrotechnische Effekte zum Einsatz, die das Geräusch der Maschinenkanonen simulieren sollten. Als die drei Männer nach der Landung zur Tankstelle rollten, jubelten ihnen die Zuseher begeistert zu.
Da erklang auch schon das nächste Motorengeräusch: Eine Extra 300, ein Hochleistungskunstflugzeug, schraubte sich wie ein Korkenzieher durch den Himmel und vollführte auf die Zuseher atemberaubend wirkende Kunststücke. Im Anschluss daran zeigte Clamer Meltzer, auch bekannt als der "Rote Baron vom Spitzerberg", in einer Piper Super Cub, die außergewöhnlichen Kurzstart- und Landeeigenschaften sowie die besondere Wendigkeit dieses Oldtimers der Lüfte.
Den Abschluss der Airshow bildete das nicht weniger beeindruckende Display von Siegfried "Blacky" Schwarz in der Bell Cobra der Flying Bulls. Es ist keine Übertreibung, zu sagen, dass es wohl nur ganz wenige Piloten auf der Welt gibt, die einen Hubschrauber so bewegen können, wie Schwarz, der, das wissen heute nur noch wenige, Anfang der 1980er Jahre zu den ersten ÖAMTC-Rettungspiloten der neu gegründeten Christophorus-Notarzthubschrauberflotte gehörte.
Nach dem Ende der eigentlichen Airshow ging das Fest noch bis in die späten Abendstunden weiter. Die Spitzerberger Flieger haben mit der diesjährigen Veranstaltung ohne Zweifel ein weiteres Kapitel ihrer annähernd 100-jährigen Erfolgsgeschichte geschrieben.
Weitere Fotoimpressionen
Text & Fotos: Patrick Huber, www.der-rasende-reporter.info