Der Unfall betraf eine Boeing 737-800 des südkoreanischen Billigfliegers Jeju Air. Das Flugzeug mit der Kennung HL8088 war als Kurs 7C 2216 auf dem Weg von der thailändischen Hauptstadt Bangkok nach Muan in Südkorea. An Bord befanden sich 2 Piloten, 4 Flugbegleiter und 175 Passagiere. Beim Landeanflug war das Fahrwerk der Maschine eingefahren, woraufhin die Piloten durchstarteten. Doch auch beim zweiten Versuch war das Fahrwerk nicht ausfahren. Jedenfalls werden zwei Landeversuche von einigen südkoreanischen Quellen kolportiert.
Die beiden Männer im Cockpit setzten die Boeing 737-800 jedenfalls mit eingefahrenem Fahrwerk auf der Piste auf, hielten mit dem Höhenruder die Nase etwas in der Luft. Videoaufnahmen zeigen zumindest eine auf dem rechten Triebwerk geöffnete Schubumkehr. Die Spoiler scheinen eingefahren zu sein, ebenso die Landeklappen
Unglücklicherweise schoss das Flugzeug über das Pistenende hinaus und kollidierte dort mit Hindernissen. Daraufhin explodierte Kraftstoff und es entwickelte sich ein enormes Feuer. Obwohl Einsatzkräfte rasch zur Stelle waren, konnten bisher erst zwei Überlebende gerettet werden. Es soll sich nach ersten Informationen um Mitglieder der Kabinenbesatzung handeln. Mindestens 120 Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben. Die Helfer haben zur Stunde kaum noch Hoffnung, weitere Überlebende zu finden.
Darüber, warum sich das Fahrwerk nicht ausfahren ließ, liegen noch keine gesicherten Informationen vor. Südkoreanische Quellen sprechen von einem möglichen Vogelschlag. In Sozialen Medien kursiert ein Video, das die Unglücksmaschine bei ihrem ersten Anflug zeigen soll. Die Aufnahmen lassen in der Tat einen Vogelschlag am/im rechten Triebwerk möglich erscheinen, jedoch hätte ein solcher nicht automatisch Auswirkungen auf das Fahrwerk. Zudem verfügt die Boeing 737 über ein Notsystem, mit dem die drei Fahrwerke (das Bug- sowie die beiden Hauptfahrwerke) manuell ausgefahren werden können, für den Fall, dass es einen totalen Hydraulikausfall geben sollte, der allerdings selbst bei Vogelschlag unwahrscheinlich ist. Warum die Piloten das nicht getan haben, ist eine der vielen Fragen, die es rund um diesen Unfall derzeit gibt.
"Ich kann mir kein Szenario vorstellen, bei dem ein Triebwerksproblem dazu führt, dass man das Fahrwerk nicht mehr ausfahren kann, nicht einmal dann, wenn ein Triebwerk total ausgefallen sein sollte, beispielsweise durch Vogelschlag."
Ein erfahrener Berufspilot
Warum die Boeing 737-800 trotz des hohen Reibungswiderstandes und der aktivierten Schubumkehr über die 2.800 Meter lange Piste hinausschoss, ist ebenfalls noch unklar. Wenn die Boeing 737-800 ohne Fahrwerk richtig konfiguriert (Landeklappen und Landegeschwindigkeit) gleich zu Pistenbeginn aufsetzt, müssten laut Auskunft von erfahrenen Berufspiloten 2.800 Meter absolut ausreichen, um zum Stillstand zu kommen. Wie die Videoaufnahmen vom Unglück zeigen, war die Maschine jedoch am Ende der Piste als sie mit den Hindernissen kollidierte, noch ziemlich schnell. Das lässt die Möglichkeit, dass die Maschine zu schnell und zu spät aufsetzte nicht unplausibel erscheinen.
Denn im Jahr 2011 führten die Piloten einer wesentlich schwereren Boeing 767-300ER der polnischen LOT eine Landung ohne Fahrwerk auf dem Flughafen Warschau durch. Damals kam die Maschine auf der Piste zum Stillstand, alle Insassen überlebten.
Über Jeju Air
Jeju Air ist eine 2005 gegründete südkoreanische Billigfluggesellschaft. Sie betreibt eine Flotte von Boeing 737-800 sowie einigen Boeing 737 MAX 8. Weitere Boeing 737 MAX 8 sind bestellt. Außerdem nutzt das Unternehmen zwei Boeing 737-800 als Frachtflugzeuge. Der heutige tödliche Unfall war der erste der Gesellschaft.
Text: Patrick Huber