Punktlandung

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Statt in Wien in Tschechien gelandet: Umleitung eines Ryanair/Lauda A320 nach Brünn

Der betroffene Airbus - Foto: www.der-rasende-reporter.info (das Bild ist urheberrechtlich geschützt - keine Verwendung ohne Ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Fotografen)

Ein unter Ryanair-Flugnummer operierender Airbus A320 der Lauda(Motion), der sich auf dem Weg von Riga nach Wien befand, musste gestern eine Ausweichlandung im tschechischen Brünn durchführen. Grund sollen Probleme mit dem GPS gewesen sein. Diese Erklärung ist allerdings nicht ganz plausibel und wirft Fragen auf. Denn GPS wird für einen Instrumentenlandeanflug in Wien überhaupt nicht zwingend benötigt.

Die Fakten: Um 19:38 Uhr UTC hob der Airbus A320, 9H-IHD, mit der Ryanair-Flugnummer FR 748 vom Flughafen Riga (RIX) ab. Das Ziel der Maschine, die der österreichisch-maltesischen Ryanair-Tochter Lauda(Motion) gehört, war der Flughafen Wien. Um 20:01 Uhr UTC erreichte der Airbus A320 seine Reiseflughöhe von 36.000 Fuß und flog auf südwestlichem Kurs über Polen und Tschechien. Bei Krakau veränderte Flug FR 748 seine Flughöhe auf 34.000 Fuß. Um 20:49 Uhr UTC flog der A320 bei Troppau (Tschechisch: Opava) in den tschechischen Luftraum ein und setzte den Flug Richtung Süden fort. Bei Olmütz (Tschechisch: Olomouc) verließ die Maschine ihre Reiseflughöhe und begann den Sinkflug in Richtung Wien. Um 20:58 Uhr UTC flog Kurs FR 748 östlich an Brünn vorbei und um 21:03 Uhr UTC erreichte der Jet bei Schrattenberg den österreichischen Luftraum in einer Höhe von etwa 16.800 Fuß. Gemäß den Anweisungen der Flugsicherheit positionierten die Piloten ihre Maschine für einen Anflug von Norden her auf die Piste 16, der soweit regulär zu verlaufen schien.

Doch um 21:14 Uhr UTC, die Maschine befand sich nur noch etwa 250 Fuß - das entspricht etwa 76 Meter - über dem Boden leiteten die Piloten ein Durchstartmanöver, in der Fachsrpache auch "Go around" genannt, ein. Der Grund dafür ist noch nicht offiziell verlautbart worden, doch laut den Daten von "Flightradar24", die für Wien in der Regel sehr zuverlässig sind, befand sich die Maschine neben der Piste. Die Crew stieg auf 4.500 Fuß und positionierte sich für einen zweiten Anflug auf die Piste 16. Der Anflug selbst schien zunächst erfolgreich zu sein, doch in einer Höhe von 300 Fuß (etwa 90 Meter über dem Boden) startete der Airbus A320 um 21:30 Uhr UTC (22:30 Uhr Lokalzeit) erneut durch. Laut "Flightradar24" befand sich die Maschine wiederum nicht auf der Pistenachse sondern links davon.

Nach einer Phase der Entscheidungsfindung - in solchen Fällen zeigt sich wie wichtig gutes CRM im Cockpit ist - beschlossen die Piloten, einen Ausweichflughafen anzusteuern. Sie stiegen auf 12.000 Fuß und flogen nach Brünn/Brno (BRQ), wo das Flugzeug gegen 22 Uhr UTC (ca. 23 Uhr Lokalzeit) sicher aufsetzte.

Gemäß einem Bericht der Tageszeitung "Die Presse" habe der Kapitän nach der Landung erklärt, dass das GPS-Signal bereits beim Flug über Polen gestört gewesen sei. Das ist angesichts der russischen Angriffskrieges auf die Ukraine nicht ungewöhnlich (und kommt beispielsweise auch bei Flügen in den Nahen Osten regelmäßig vor, wie mir ein A320-Kapitän bestätigte) und normalerweise "reseted" sich das bordeigene System wieder, sobald die Störungszone verlassen ist. Die "Presse" berichtet unter Berufung auf den Kapitän des Fluges, dass das GPS jedoch bei der Landung in Wien noch immer nicht korrekt funktioniert habe und er sich daher aufgrund des schlechten Wetters in Wien zu einer Landung im tschechischen Brünn entschlossen habe.

Offene Fragen
Allerdings wirft die Erklärung, dass die Landung wegen eines "gestörten GPS-Systems" nicht möglich gewesen sei, einige Fragen auf. Denn der Flughafen Wien verfügt über ein Instrumentenlandesystem, kurz ILS, das völlig unabhängig vom GPS arbeitet. "Auf der Piste 16 ist sogar eine vollautomatische ILS-Landung möglich, dafür braucht man überhaupt kein GPS", erklärte ein erfahrener A320-Flugkapitän im Telefonat mit mir. Selbst ein tatsächlich defektes oder gestörtes GPS an Bord des Flugzeuges hätte auf einen ILS-Anflug auf die Piste 16 des Flughafens Wien also keinerlei Auswirkungen haben dürfen. Es müssen zumindest andere Faktoren mitgespielt haben.

Doch was auch immer die Gründe für die beiden Fehlanflüge waren - eine solche Ausweichlandung auf einem anderen Flughafen ist ein Standardverfahren wenn  auf dem eigentlichen Zielflughafen nicht gelandet werden kann. Die Entscheidung der Crew zum "Go around" und nach dem zweiten erfolglosen Landeversuch einen Ausweichflughafen anzusteuern war im Sinne der Flugsicherheit jedenfalls goldrichtig und absolut professionell, auch wenn es natürlich Unannehmlichkeiten für die Passagiere mit sich brachte.

Text: Patrick Huber

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.