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Boeing 737-Crash in Südkorea: Offenbar Vogelschlag in beiden Triebwerken

Die Maschine kollidierte nach dem Ende der Piste mit Betonthindernissen und explodierte. - Foto: Screenshot Twitter

Neue Erkenntnisse gibt es im Fall des Unfalls mit einer Boeing 737-800 der südkoreanischen Jeju Air Ende Dezember. Damals waren 179 der 181 Menschen an Bord gestorben.

Austrian Wings Leser kennen die Vorgeschichte: Nach einem Vogelschlag im Endanflug auf den Flughafen von Muan (Südkorea) starteten die Piloten einer Boeing 737-800 der südkoreanischen Billigfluglinie Jeju Air zunächst durch. Doch sie brachen das Manöver nach wenigen Augenblicken ab, kehrten um und machten eine Bauchlandung ohne Landeklappen, bei der die Maschine mit viel zu hoher Geschwindigkeit erst spät auf der Piste aufsetzte, dadurch über das Pistenende hinausschoss, mit Hindernissen kollidierte und explodierte. 179 der 181 Menschen an Bord starben.

Nun gibt es abermals neue Erkenntnisse. Wie die Nachrichtenagentur "Reuters" unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtet, seien in beiden Triebwerken der verunfallten Boeing 737-800 Federn, Fleisch und Blutreste von Vögeln gefunden worden. Das lässt darauf schließen, dass es entgegen der ersten Annahme nicht nur im rechten, sondern auch im linken Triebwerk zu einem Vogelschlag und in weiterer Folge zu einem Leistungsverlust an den Turbinen sowie zu einem Stromausfall an Bord des Flugzeuges gekommen sein dürfte. Die südkoreanischen Behörden wollten den Bericht zunächst nicht kommentieren.

Vor diesem Hintergrund gerät in Pilotenkreisen einmal mehr die Entscheidung der Crew, nach dem Vogelschlag durchzustarten in die Kritik. Denn die Maschine befand sich stabilisiert im Endanflug und stand unmittelbar vor der Landung. Das Boeing-Handbuch stellt es den Piloten zwar grundsätzlich frei, ob sie in einem solchen Fall ein Durchstartmanöver einleiten, empfiehlt jedoch tendentiell die Fortsetzung des Landeanfluges nach einem Vogelschlag in dieser Phase des Fluges. Vor allem nach einem Vogelschlag in beiden Triebwerken ist Durchstarten laut Ansicht von erfahrenen Verkehrspiloten generell nicht anzuraten, da man selbst wenn die Turbinen anfänglich noch eine ausreichende Leistung produzieren sollten, nicht abschätzen kann, wie lange dieser Zustand anhält. In einer solchen Lage wäre das Fortsetzen des Endanfluges bzw. eine umgehende Notlandung ohne Versuch eines Durchstartmanövers das Mittel der Wahl.

Ob im Fall von Jeju Air in Südkorea tatsächlich der Vogelschlag zum Ausfall beider Triebwerke führte oder ob die Piloten möglicherweise das linke zwar beschädigte aber noch funktionsfähige Triebwerk versehentlich abschalteten, müssen die Untersuchungen klären. In der Vergangenheit hatte es bereits mehrere Fälle gegeben, in denen Piloten im Stress ein funktionstüchtiges Triebwerk abschalteten anstatt das beschädigte.

Text: Patrick Huber