Starker Rauch, vermutlich verursacht aufgrund von Triebwerksproblemen, drang am 23. Dezember 2024 in Cockpit und Kabine eines Airbus A220-300 von SWISS ein, der sich auf dem Weg nach Zürich befand. Die Maschine musste in Graz notlanden, es gab mehrere Verletzte. Ein Flugbegleiter schwebte nach der Notlandung in Lebensgefahr und musste reanimiert worden. Nach einer Woche, am 30. Dezember 2024, verstarb er im Krankenhaus. Der junge Mann wurde nur 23 Jahre alt. Wie ich am 31. Dezember des vergangenen Jahres bereits in meiner Analyse für Austrian Wings darlegte, steht mittlerweile die Schutzausrüstung der Crew im Fokus der Ermittler, denn mit ihr hatte es bei früheren Zwischenfällen ebenfalls schon Probleme begeben. Jetzt bestätigte die österreichische Staatsanwaltschaft, dass der 23-jährige Flugbegleiter erstickt sei, weil sein Hirn zu wenig Sauerstoff bekommen habe. Ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung wurde eingeleitet.
Der Sprecher der Grazer Staatsanwaltschaft, Hansjörg Bacher: "Die Leiche wurde am Freitag obduziert. Die vorläufige Todesursache lautet: hypoxischer Hirnschaden und Hirnödem. Das Gehirn ist durch einen schweren Sauerstoffmangel massiv geschädigt worden, und der junge Flugbegleiter ist daran auf der Intensivstation gestorben." Bei der Obduktion sei außerdem ein für das junge Alter des Mannes "extrem ausgeweitetes Herz" aufgefallen, auch liegen Indizien für eine eitrige Bronchitis vor. Bacher: "Ob es einen Zusammenhang mit der Todesursache gibt, ist unklar."
"Wir prüfen, wie genau es zu diesem massiven Hirnschaden kam. Wir gehen auch der Frage nach, welche Rolle die Atemschutzmaske gespielt hat, die der Flugbegleiter getragen hat."
Hansjörg Bacher, Staatsanwaltschaft Graz
Seitens der Behörde werden nun die Smokehoods der Kabinenbesatzung untersucht. Denn damit hatte es in der Vergangenheit bereits Probleme gegeben. SWISS hatte deshalb mit dem Austausch der Ausrüstung begonnen, auf dem A220-300 der in Graz notlanden musste, waren jedoch noch die alten Modelle vorhanden. Sollte tatsächlich eine fehlerhafte Schutzausrüstung für den Tod des Flugbegleiters verantwortlich sein, könnte das auch juristische Konsequenzen für SWISS nach sich ziehen.
Immer wieder gefährliche Zwischenfälle mit Zapfluft von den Triebwerken
Ungeachtet dessen läuft die technische Untersuchung weiter. So gut wie sicher ist, dass Triebwerksprobleme zur massiven Rauchentwicklung in Cockpit und Kabine geführt haben. Dass die offenbar hochtoxischen Stoffe aber überhaupt über das Triebwerk in das Flugzeuginnere gelangen konnten ist darauf zurückzuführen, dass der Airbus A220 zur Versorgung der Kabine mit Luft auf das Zapfluftsystem setzt. Durch diese Technologie gab es schon in der Vergangenheit hunderte von Fume Events, die teilweise schwere gesundheitliche Schäden bei Piloten, Flugbegleitern und Passagieren verursacht haben. Auch Todesfälle werden damit in Verbindung gebracht, Stichwort "Aerotoxisches Syndrom", über das vor einigen Jahren sogar die "Ärztezeitung" berichtete.
Obwohl das Problem bekannt ist und es technische Alternativen gibt, setzt die Luftfahrtindustrie weiterhin auf Zapfluft zur Klimatisierung der Druckkabine von Verkehrsflugzeugen. Dabei gibt es bereits seit den 1950er Jahren eine Alternative, die zunächst auf der DC-8 eingesetzt wurde. Auch die Boeing 787 Dreamliner nutzt die Alternative und verzichtet auf Zapfluft aus den Triebwerken. 2010 war ein Airbus der Lufthansa-Billigtochter Germanwings beinahe abgestürzt, nachdem die Piloten durch ein vom Zapfluft-System verursachtes Fume Event weitgehend handlungsfähig geworden waren.
Vereinzelte Stimmen aus Fachkreisen vermuten, dass es auch im Fall der SWISS zu einer massiven Kontamination der Kabinenluft mit hochtoxischen Triebwerksölrückständen gekommen sein könnte.
Text: Patrick Huber