Spätestens seit 2017 als die Familie Lubitz ein von ihr in Auftrag gegebenes Privatgutachten zum Absturz von Flug 4U 9525 vorstellte - das vom größten Teil der Fachwelt als nicht schlüssig bewertet wird und das sie entgegen ihren öffentlichen Ankündigungen niemals an die Staatsanwaltschaft Düsseldorf weitergegeben hat - köcheln wilde Spekulationen und diverse Verschwörungstheorien zum Absturz von Germanwings 9525 vor sich hin. Rund um die Jahrestag kochen sie immer wieder etwas hoch. Besonders schlimm ist es aktuell, wo der 10. Jahrestag der Tragödie bevorsteht. Dabei ist das alles so unnötig, denn die internationale Flugunfallkommission unter französischer Leitung sowie die Staatsanwaltschaft Düsseldorf haben eine exzellente Arbeit geleistet und den Fall lückenlos aufgeklärt, wie ich auch in meinem Buch "Germanwings Flug 9525 - Absturz in den französischen Alpen" für jedermann nachvollziehbar beschreibe. Dieses Buch entstand in Zusammenarbeit mit Piloten und Technikern, ein A320-Kapitän mit jahrzehntelanger Erfahrung hat den gesamten Text - inklusive die Kapitel die sich mit Verschwörungstheorien und Spekulationen befassen - vor Veröffentlichung fachlich einem Lektorat unterzogen und für völlig korrekt befunden. Doch diese forensischen Beweise wollen manche Menschen nicht akzeptieren. Bei der Familie mag das menschlich noch verständlich erscheinen.
Wie Experten und Journalisten auf Spekulationen und Verschwörungen hereinfallen können, ist für mich leider nur schwer nachvollziehbar. Trotzdem geschieht ist - zumindest hin und wieder. Simon Hradecky, Betreiber des Aviation Herald, versucht seit vielen Jahren, Journalisten aus aller Welt von seiner absolut kruden, unbewiesenen und letzten Endes wohl auch für immer unbeweisbaren Theorie zu überzeugen. Das hat er auch bei mir versucht und ebenso wie andere Journalisten habe ich ihm immer wieder klarzumachen versucht, dass er sich da in etwas verrennt und seine "Story" nicht gebracht. Im Gegenteil - mehrere Personen haben ihn davor gewarnt, mit so einem Unsinn an die Öffentlichkeit zu gehen.
Seine Theorie geht nämlich grob dargestellt so: Der Autopilot habe aufgrund eines technischen Defektes den Sinkflug eingeleitet. Der im Cockpit befindliche Pilot (angeblich soll das sogar der Kapitän und gar nicht der Erste Offizier gewesen sein, um den Irrsinn der Theorie noch zu steigern) sei rein zufällig in exakt diesem Moment handlungsunfähig oder bewusstlos geworden und last but not least war auch noch das Keypad vor der Türe zum Cockpit defekt. Das sei dann der Grund gewesen, wieso der andere Pilot nicht zurück ins Cockpit konnte. Klingt wirr? Ist es auch und es gibt keinen einzigen gerichtsverwertbaren forensischen Beweis für irgendeine der von Simon Hradecky aufgestellten Behauptungen, wie mir Staatsanwalt Kumpa im Interview bestätigt hat. Auch die Flugunfallermittler (BEA) sehen das so. Nur zur Klarstellung - das war kein einzelner Mensch, der sich da irgendeine Theorie zusammengezimmert hat, sondern eine internationale Expertenkommission, die aus dutzenden Fachleuten bestand.
Durch sämtlich forensischen Beweise, die Aufnahmen des Flugdatenschreibers, des Stimmenrekorders, u. v. m. ist für anerkannte Flugexperten unwiderlegbar bewiesen, dass niemand anderer als Andreas Lubitz für den Absturz von Germanwings 9525 verantwortlich war. Denn Andreas Lubitz
- war erneut psychisch erkrankt
- am Unfalltag krank geschrieben, hatte das seinem Arbeitgeber aber verschwiegen
- hatte Psychopharmaka verordnet bekommen, die er - so Flugmediziner - beim Fliegen gar nicht ohne Rücksprache mit dem flugmedizinischen Dienst hätte einnehmen dürfen
- hatte kurz vor dem Todesflug mit einem zweifelsfrei ihm zuordenbaren Tablet nach Suizidmethoden gesucht
- hatte am Tag vor dem Absturz noch eine Patientenverfügung ausgedruckt, ausgefüllt und unterschrieben, wonach er Wiederbelebungsmaßnahmen im Falle einer schweren Erkrankung oder Verletzung ablehnte
- hatte auf dem Hinflug von Düsseldorf nach Barcelona den tödlichen Sinkflug durch Einstellung einer Höhe von 100 Fuß auf dem Autopiloten bereits "geprobt" - genau in jenem Zeitraum als der Kapitän das Cockpit verlassen hatte
- hatte auf dem Flug von Barcelona nach Düsseldorf die Cockpittür verriegelt, als sein Kapitän von einem Toilettenbesuch zurückkehrte und wieder ins Cockpit wollte
- hatte durch die Verriegelung der Cockpittür gleichzeitig das Keypad vor der Cockpittür gesperrt, weshalb es dem Kapitän unmöglich war, den Notfallcode einzugeben; deshalb ist das eindringliche "Läuten", das damit einhergeht auch nicht auf dem Stimmenrekorder zu hören
- hatte sämtliche Kontaktversuche aus der Kabine via Intercom ignoriert
- hatte während des tödlichen Sinkfluges in die Berge wiederholt Einstellungen am Autopiloten verändert; dadurch ist bewiesen, dass er bis zum Schluss bei Bewusstsein und handlungsfähig war
Wir sehen - nicht ohne Grund ist Hradecky mit seiner Theorie - die reine Spekulation ist - bei vielen wenn nicht sogar bei den allermeisten Journalisten und Medien abgeblitzt. Recht unkritisch verbreitet haben seine Thesen letzten Endes nur zwei Zeitungen. Die "ZEIT" in Deutschland und der "Kurier" in Österreich. Außerdem ist er demnächst in einem "Infotainment"-Beitrag von Sky zu sehen und zu hören. Warum wohl ARD und Co es abgelehnt haben, seine Spekulationen zu verbreiten ...? Meine Standpunkte und Recherchergebnisse habe ich sowohl hier auf Austrian Wings als auch gegenüber Journalistenkollegen in Österreich und anderen europäischen Ländern wiederholt zum Ausdruck gebracht, unter anderem
Üble Nachrede und negative Buchbewertungen
Das blieb nicht ohne Folgen für mich: Unmittelbar nach dem Erscheinen meiner Zitate bzw. eigenen Veröffentlichungen zu den Spekulationen und Verschwörungstheorien ging eine anonyme Hetze gegen mich los. Mein bis dahin ausschließlich bestens (4 und 5 Sterne) bewertetes Buch über den Absturz von Germanwings 9525 erhielt auf Amazon über Nacht eine Flut von 1-Sterne-Bewertungen, gepaart mit kurzen bösartigen Kommentaren - mit hoher Wahrscheinlichkeit fast alle von Leuten aus dem Verschwörungstheorielager, die keine einzige Zeile davon gelesen hatten. Doch all diese Hetze ändert(e) nichts an den forensischen Fakten. Ziel der Attacken wurde übrigens auch Austrian Wings, zu dessen Stammcrew ich seit Jahren gehöre, was ja wahrlich kein Geheimnis ist. Mir liegen E-Mails vor, die an Journalisten geschickt wurden - mit denen ich meine Einschätzungen geteilt habe - in denen ich mit persönlichen Angriffen - natürlich erfolglos - kompromittiert werden sollte. Ach ja, schönen Gruß an die Hater mit den 1-Sterne-Bewertungen habt Ihr genau das Gegenteil von dem erreicht, was Ihr wolltet - die Zahl der Verkäufe ist seither überdurchschnittlich stark angestiegen, weil natürlich für jeden vernunftorientierten Menschen ersichtlich ist, woher der Wind weht und was Ihr damit bezweckt habt. "Dat is dumm jelaufen für Deeene Hääter", wie ein Berliner Käufer mir aufmunternd beschied. Ich hoffe, ich hab den Dialekt halbwegs authentisch rübergebracht. Gruß an Dich, lieber Karl. Hier noch eine Rezension vom 22. Februar.

Mit viel Mühe hat der Autor alle Details zu dem tragischen Unfall zusammengetragen. Das Buch ist ausschließlich auf unwiderlegbaren Fakten aufgebaut. Wenn man die Wahrheit irgendwo erfährt, dann in diesem Buch. Es ist auch für Luftfahrtlaien leicht zu lesen.
Ing. Gerhard Gruber, Flugkapitän, Fluglehrer und Unfallermittler auf Amazon über mein Buch zum Germanwings-Absturz
Sehr gutes sachlich bezogenes Buch, welches leicht zu lesen und auch für Laien sehr gut verständlich ist. Es wird im Detail Schritt für Schritt auf mehrere Punkte eingegangen wie zum Beispiel: technische Aspekte, Hintergrundwissen bzgl. Airline, Besatzung, Passagiere, Ermittlungen und Verschwörungstheorien.Letzteren wird diesen, mit knallharten Fakten belegt, schnell der Wind aus den Segeln genommen. Alle Aussagen des Autors werden durch Bestätigung/Erklärungen von Profis auf ihren Gebieten bestätigt. Diese Quellen werden auch aufgeführt. Zusätzlich wurden Interviews mit einem Hinterbliebenen, einem Anwalt und einem Flugkapitän auf dem A320 veröffentlicht. Auch den Verstorbenen ist ein Kapitel gewidmet, wo auch die Erinnerungsstätten mit Bildmaterial aufgeführt werden. Daher klare Kaufempfehlung!
Carolin Thies, verifizierte Käuferin auf Amazon über mein Buch
Ich bin etwas abgeschweift. Bitte sehen Sie mir das nach, liebe Leserinnen und Leser. Doch nun komme ich schon zum eigentlichen Inhalt dieses Kommentars, den Ausführungen von David Haße von Airliners.de.
AIRLINERS.de - Fakten statt Spekulationen
Mit dem erfahrenen und kompetenten Luftfahrtjournalisten David Haße, dem Herausgeber von Airliners.de, DEM deutschen Luftfahrtnachrichtenportal schlechthin, bezieht jetzt ein weiterer Experte öffentlich Stellung gegen die haltlosen Spekulationen, die da in "ZEIT, "Kurier" und demnächst auch über "Sky" verbreitet wurden/werden.
Das tut er dabei nicht zum ersten Mal. Bereits 2016 schrieb er in einem Kommentar dazu: "Es ist mir unverständlich, wie manche Menschen bis heute nicht akzeptieren wollen, dass ein psychisch labiler Copilot die Maschine absichtlich in die französischen Alpen gesteuert hat. Verschwörungstheorien vom Chemtrail-Unfall bis hin zum toten Copiloten in einer Mülltonne in Barcelona waren ja relativ schnell wieder verstummt. Dennoch gibt es noch immer Leute, die in Foren, sozialen Medien oder per E-Mail mit abstrusen Thesen um die Ecke kommen. Schuld haben wie üblich entweder die Großkonerne oder die Regierung. Oder beide - je nachdem."
Ein Jahr später, der Vater von Andreas Lubitz, Günter Lubitz, hatte auf einer Pressekonferenz die Verantwortung seines Sohnes am Tod von 149 unschuldigen Insassen des Germanwings-Fluges 9525 bestritten (dieser PK, zu der ich ebenfalls eingeladen war, widme ich in meinem Buch ein eigenes Kapitel), veröffentlichte Haße einen weiteren Kommentar mit dem Titel "Alternative Fakten verzweifelt gesucht", in dem er den Versuch der Familie Lubitz, ihren Sohn reinzuwaschen thematisierte. Haße schrieb - völlig zutreffend: "Was aber war von einem Gutachten zu erwarten, das ganz offen auf der Annahme fußt, Aspekte rund um den Absturz vor zwei Jahren seien "vernachlässigt" und wichtige Fragen dazu "nicht beantwortet" worden? Heute wissen wir: Nicht viel. Am Ende einer elend langen Präsentation gab es weder eine neue Absturztheorie noch wirkliche Erkenntnisse. Stattdessen: Anschuldigungen gegen die Staatsanwaltschaft, einige Ordner und Beweisstücke seien falsch beschriftet. Auch die Flugunfallermittler sollen nicht sauber gearbeitet haben, unter anderem weil es ja auch Turbulenzen gibt aber die Aufzeichnung dazu fehle. Zudem sei die Betriebsgenehmigung des Flugzeugs nur handschriftlich verlängert worden. Piloten hätten sich in dem Flugzeug zuvor schon einmal selbst eingeschlossen und ein Ausschnitt der Flugdatenschreiber-Auswertung soll eine Diskrepanz zwischen verschiedenen Flugmodi beweisen. Nachfrage: Hat das jemand bestätigt? Antwort: Nein, das zu erfragen - nicht die Aufgabe eines Gutachters. (...) Und so bleibt es dabei: Die detailliert dargelegten Flugunfalluntersuchungen der Flugunfallbehörden zeigen ohne jeden Zweifel, dass der Copilot allein im Cockpit saß und bis zum Aufschlag mehrfach den Autopiloten bedient hat. Bewusstlose Piloten können das nicht. Das Flugzeug wurde also kontrolliert und voll funktionstüchtig vom Copiloten in den Berg gesteuert, während draußen gegen die verschlossene Tür gehämmert wurde. Alternative Auslegungen dazu gibt es einfach nicht. Dabei ist im Endeffekt sogar vollkommen egal, ob die Tür vielleicht kaputt, die Zulassung des Flugzeugs aktuell, der Pilot depressiv oder sonst wie krankgeschrieben war und was am Tag zuvor irgendwo gegoogelt wurde. Selbst ohne all diese Indizien, die die Yellow-Press so liebt, ist der Ablauf im Cockpit technisch bewiesen. Punkt." Nachzulesen hier.
Jetzt, zum 10. Jahrestag, wo die Suppe der Spekulationen und Verschwörungstheorien erneut hochkocht, wird Haße von Airliners.de einmal mehr klar und deutlich. Er schreibt in einem E-Mail-Newsletter unter dem Titel "Germanwingsgedanken" (aus urheberrechtlichen Gründen kann ich leider nicht den ganzen Text 1 zu 1 hier veröffentlichten): "Der zehnte Jahrestag der Germanwings-Tragödie steht an – und schon geht es wieder mit Theorien los. Den neuen Auftakt macht (wie schon damals) die Zeit. Und weil es offenbar nichts neueres gibt, geht es im aktuellen Zeit-Artikel immer noch um die Einstellungen im Autopiloten (...) Selbsternannte Ermittler müssen sich dazu also nicht in Flugsimulatoren setzen und die Zeit stoppen, wie lange sie am Knöpfchen drehen, nur um Aufregung um ein Buch zu generieren oder sich am Leid von Angehörigen zu bereichern."
"Selbsternannte Ermittler müssen sich dazu also nicht in Flugsimulatoren setzen und die Zeit stoppen, wie lange sie am Knöpfchen drehen, nur um Aufregung um ein Buch* zu generieren oder sich am Leid von Angehörigen zu bereichern."
Airliners.de-Herausgeber David Haße in Richtung des Sky-Beitrages, in dem im Simulator die Theorien von Simon Hradecky veranschaulicht bzw. untermauert werden sollen
Wie man es auch dreht und wendet - der Versuch, eine andere Ursache für den Absturz von Germanwings Flug 9525 zu finden, ist wie der Versuch beweisen zu wollen, dass die Erde nicht rund, sondern doch eine Scheibe sei. Es geht einfach nicht. Doch "Überzeugungstäter" wird das nicht von ihrem Tun abhalten. Es ist allerdings verschwendete Lebenszeit, die den Angehörigen unnötiges Leid zufügt. Das ist das wahre Drama - 10 Jahre nach dem Absturz.
* Simon Hradecky, treibende Kraft hinter der Sky-Produktion hat seine Spekulationen und Theorien auch in Buchform niedergeschrieben. Das Buch soll demnächst erscheinen.
Text: Patrick Huber
Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.