Österreich

Austrian Wings Interview mit Flughafen Graz Geschäftsführer Wolfgang Grimus

Wolfgang Grimus - Foto: Franz Zussner

Der Flughafen Graz konnte 2024 ein ausgezeichnetes Ergebnis erzielen. Zuwachs bei den Passagieren, Cargo kratzte am Rekordjahr 2023 (Austrian Wings berichtete). Auch als Eventlocation im Großraum Graz wird der Flughafen immer mehr zu einer Wirtschafts-Drehscheibe. Der steirische Luftfahrtjournalist Franz Zussner bat Flughafen Geschäftsführer Wolfgang Grimus zum Austrian Wings Interview.

Hinweis im Sinne der Transparenz: Dieses Interview wurde vor Veröffentlichung durch Wolfgang Grimus gegengelesen und autorisiert.

Austrian Wings (AW): Wie zufrieden sind Sie mit dem Geschäftsjahr 2024

Wolfgang Grimus (WG): Sehr zufrieden. Wir hatten mit rund 820.000 Passagieren ein Plus von knapp 12 Prozent erreicht, um rund 86.000 Passagiere mehr als im Jahr zuvor. Treiber war vor allem das Chartersegment mit einem Plus von 31 Prozent während die Linie mit einem Zuwachs von 6,5 Prozent abschloss.

AW: Welche Gründe waren für den geringen Zuwachs im Linienverkehr ausschlaggebend

WG: Die Einstellung der Amsterdam-Verbindung, eine schwächelnde Konjunktur, temporäre Streiks, Lieferprobleme bei den großen Flugzeugherstellern usw. Der Trend des Vorjahres – eine starke Nachfrage im Urlaubsverkehr, ein „nur“ leichtes Wachstum in der Linie, zeichnet sich auch für 2025 ab. Für das Gesamtjahr 2025 erwarten wir eine Steigerung auf 880.000 Passagiere, vorausgesetzt die geopolitischen Situationen bleiben stabil. Seit Jahresbeginn konnten wir bereits über 100.000 Passagiere abfertigen.

AW: Ein paar Sätze zum Thema Fracht vielleicht ...?

WG: Mit 18.700 Tonnen konnten wir beinahe das Rekordergebnis von 2023 (19.400 t) erzielen. In den ersten beiden Monaten 2025 gab es bereits eine Steigerung von 6,7 Prozent wobei der Februar alleine eine Steigerung von rund 15 Prozent aufweisen konnte. Unser Ziel für 2025 wäre die 20.000 tMarke zu knacken.

AW: Stichworte neue Fluglinien, neue Strecken ...

WG: Im Segment Linie sind wir immer wieder mit vielen Airlines in Kontakt, aber konkret gibt es derzeit noch keine Erfolgsmeldungen dazu. Im Chartersegment kommt mit Pegasus ein neuer Player im touristischen Segment nach Graz. Unsere stärkste Urlaubsdestination Antalya wird durch Sun Express und Pegasus bis zu achtmal wöchentlich angeflogen. Nach Palma/Mallorca starten wir erstmals bereits ab Ostern 2025. Im Linienverkehr sind wir hochfrequent an alle wichtigen Hub`s im LH-Konzern angebunden, darauf sind wir besonders stolz. Mehr als 190 Ziele sind ab Graz mit einmal Umsteigen an den großen Drehkreuzen erreichbar. Mit Eurowings sind aber auch die deutschen Premium-Flughäfen Berlin, Düsseldorf und Hamburg direkt erreichbar.

AW: Apropos Eurowings: Ist hier ein Ausbau des Hubs denkbar?

WG: Ja, absolut. Seit Anfang Mai 2023 sind wir mit Stationierung eines Airbus A319 ein Eurowings (EW) Hub und diese Zusammenarbeit funktioniert bestens. Vor einigen Wochen hatten wir ein gutes Gespräch mit dem Eurowings CEO und seinem Management-Team in Graz, in dem ein starkes Commitment für die Stationierung eines zweiten Flugzeugs in Graz gegeben wurde, sobald die Auslieferung weiterer Flugzeuge wieder Fahrt aufnimmt.

AW: Können Sie sich wieder eine Verbindung von Graz in die Bodenseeregion vorstellen?

WG: Vorstellen schon, aber welche Airline wäre dazu bereit mit einem Prop, ein Jet wäre zu groß, gewinnbringend zu fliegen. Mit Intersky hatten wir seinerzeit eine Linienverbindung mit Dash-8/300 nach Friedrichshafen aber auch nach Zürich und Berlin-Tempelhof. Also, wünschenswert ja, aber realistisch eher nein.

AW: Mit der Eröffnung der Koralmbahn ab Dez. 2025 beträgt die Fahrzeit zwischen Graz und Klagenfurt 45 Minuten, leider ohne Halt am Flughafen Graz - schmerzt Sie das eigentlich?

WG: Ja, natürlich wünschen wir uns eine Direktanbindung an die Koralmbahn. Der Flughafen hat sich über die Jahre zu einem Verkehrsknotenpunkt entwickelt, der seinen Teil zu einer ökologischen Fortbewegung beitragen kann. In unserer Zukunftsvision nützen nicht nur unsere (Flug)Gäste, egal, aus welcher Richtung sie kommen, vermehrt den öffentlichen Verkehr. Der Flughafen könnte auch als eine Art Park&Ride-Möglichkeit dazu beitragen, Graz zu entlasten, in dem vor allem Besucher, die aus dem Süden bzw. Südwesten kommen, bei uns ihren PKW abstellen, um von hier mit dem öffentlichen Verkehr stressfrei weiterzufahren.

AW: Graz Holding-Vorstand Wolfgang Malik, Pilot und zuständiger Eigentümervertreter für den Flughafen Graz betont die Drehscheibenaufwertung unsres Airports durch die neue Koralmbahn und die dadurch entstehende „dynamische mobilitäts Region“ im Süden Österreichs. Somit wäre eine Kooperation mit dem Flughafen Klagenfurt ideal, oder?

WG: Jeder Regionalflughafen hat bezüglich Geschäftsmodell, Kundensegmente und Verkehrsströme andere Voraussetzungen und wird daher danach trachten, für sich selbst so viel Verkehr wie möglich zu generieren, da sind Graz und Klagenfurt keine Ausnahmen. Mit der neuen Koralmbahn und dem Wirtschaftsraum Area Süd, können die Passagiere hüben wie drüben entscheiden, von welchem Airport sie abfliegen möchten. Wir werden daher unsere Marketing-Aktivitäten in Kärnten und Nordslowenien intensivieren.

AW: Ist der Flughafen Graz aus Ihrer Sicht ein Asset für Graz und den Steiermark Tourismus insgesamt?

WG: Ja definitiv. Durch die gute Zusammenarbeit mit den steirischen Tourismus Gesellschaften, vor allem auch durch unsere EW Destinationen Hamburg und Berlin, zieht es sehr viele Touristen aus diesen Großregionen nach Graz und in die Steiermark. Zwischen 2022 und 2024 sind die Nächtigungszahlen in der Region Graz aus den Regionen Hamburg und Berlin um mehr als 50 % gestiegen. Auch unsere vielen mittleren und großen Zulieferbetriebe schätzen die Anbindung an die weite Welt.

AW: Ist der Flughafen Graz auch als Event-Location interessant?

WG: Ganz sicher. Durch unsere hervorragende Konferenz-Infrastruktur bieten wir vielen Veranstaltern von diversen Events, Seminaren, Vorträgen, Ausstellungen, Messen usw. ein passendes Ambiente mit Aussicht. Ein neuer Internet-Auftritt mit einem virtuellen Rundgang erleichtert Besuchern und Kunden (z. B. Veranstaltungen, Werbeflächen etc.) die Übersicht am Airport.

AW: Klimaschutz, CO2-Neutralität, das wird immer wichtiger. Wie sieht es damit am Flughafen Graz aus?

WG: Neue E-Tankstellen, neue PV-Anlagen, neue elektrischen Bodenstrom-Anschlüsse an sechs großen Flugzeugabstellpositionen u.v.m. sind bereits in Betrieb bzw. in Fertigstellung. Fahrzeuge, die noch nicht elektrisch, sondern noch mit Diesel fahren, werden seit Mitte letzten Jahres mit dem Dieselersatzkraftstoff HVO-100 betankt, das erspart rund 85 Prozent an CO2 Ausstoß. 

AW: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Franz Zussner.